Abschied vom Nationalstaat: Vereinigte Staaten von Europa

01.05.2024

von Dirk Hermann Voß


Vor genau 100 Jahren, im April 1924, erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift „Pan-Europa“. Diese erste Ausgabe war ein eindringlicher Appell des Paneuropa-Gründers Richard Coudenhove-Kalergi an die politischen Köpfe seiner Zeit und alle Europäer zur Überwindung des nationalen Chauvinismus und zur Verwirklichung der Vereinigten Staaten von Europa. Coudenhove-Kalergi warnte damals auch vor einer Eroberung Europas durch Rußland. Der internationale Vizepräsident der Paneuropa-Union Dirk Hermann Voß beschreibt die unveränderte Aktualität der Analyse Coudenhoves und  die Konsequenzen für das politische Handeln im Europa von heute.

Dirk Hermann Voß, Internationaler Vizepräsident der Paneuropa-Union
Dirk Hermann Voß, Internationaler Vizepräsident der Paneuropa-Union


In der „Eröffnungsnummer“ von „Pan-Europa“ im April 1924 warnte Richard Coudenhove-Kalergi nicht nur vehement vor einem neuen Krieg zwischen den zersplitterten Nationalstaaten in Europa, sondern auch vor zwei grundlegenden und für Europa tödlichen Gefahren. Zum einen vor dem wirtschaftlichem Ruin aller europäischen Länder infolge ihres nationalen Chauvinismus:  „Nie kann die zersplitterte Wirtschaft der uneinigen Staaten von Europa konkurrenzfähig bleiben gegen die geschlossene Wirtschaft der Vereinigten Staaten von Amerik ... Die europäischen Wirtschaftsparzellen sind also verurteilt, von den außereuropäischen Wirtschaftsimperien … künftig ebenso erdrückt zu werden – wie Krämer von Trusts.“ Die einzige Rettung sah Coudenhove-Kalergi in der „Schaffung eines paneuropäischen Wirtschaftsgebietes“. Der „nationale Egoismus“ gegen jede wirtschaftliche Vernunft ist auch nach Jahrzehnten der wirtschaftlichen Integration Europas immer wieder eine Versuchung für nationale Politiker, wenn es darum geht, vermeintliche Vorteile für die jeweilige nationale Volkswirtschaft gegen das Gesamtinteresse der Europäer in einer globalisierten Welt in Stellung zu bringen.
Zum anderen sah Coudenhove-Kalergi 1924 hellsichtig eine weitere konkrete Ge-fahr voraus, der ein zersplittertes Europa entgegengeht und die uns 100 Jahre später wieder brandaktuell und bedrohlich bewußt wird: die „Eroberung Europas durch Rußland“, das sich „unter Führung eines roten oder weißen Diktators schneller wiederaufrichten werde als Europa ahnt“. „Weder die Kleinstaaten Osteuropas, Skandinaviens und des Balkans, noch das entwaffnete Deutschland wären dann fähig, den russischen Ansturm abzuwehren. Rhein, Alpen, Adria würden zur Grenze Europas: bis auch diese Grenze fällt und Europa Rußlands Westprovinz wird.“ Coudenhove war aber auch gegenüber dieser Bedrohung alles andere als ein Fatalist. Die Entscheidung über die russische Gefahr liegt nach Überzeugung des Paneuropa-Gründers „nicht bei Rußland – sondern bei Europa“ selbst, dessen Rettung nur der „europäische Zusammenschluß“ sein kann, für den „es keine russische Gefahr gibt“.
1924 sah der Visionär Richard Coudenhove-Kalergi Europa angesichts der genannten Bedrohungen vor der selbstbestimmten Entscheidung zwischen „Zusammenschluß oder Zusammenbruch“ und beschrieb die Zukunft des Kontinents mit drei möglichen Optionen: Die Vereinigten Staaten von Europa zu verwirklichen oder dauerhaft ein Dasein entweder als amerikanisches Protektorat oder als russische Kolonie und Teil eines eurasischen Großreiches zu fristen.
Den Nationalismus identifizierte der Paneuropa-Gründer als die größte Gefahr im Inneren, die imperiale Bedrohung durch Rußland als die größte Gefahr von außen für die Völker Europas. An dieser zweifachen Bedrohung hat sich bis heute grundsätzlich nichts geändert.
Wie haben die Europäer darauf reagiert, und wie gehen sie in der Gegenwart damit um? Seit dem von Coudenhove prophezeiten militärischen und wirtschaftlichen Zusammenbruch der nationalstaatlichen (Un-)Ordnung im Jahre 1945 ist Europa dank mutiger und entschlossener Männer und Frauen den konkreten Visionen des Paneuropäers gefolgt und hat den Aufbau der Europäischen Gemeinschaften die Grundlage für den wirtschaftlichen Zusammenschluß Europas und schließlich mit der Europäischen Union durch die Verträge von Maastricht 1992 und Lissabon 2007 Schritte zu einer immer engeren politischen Union im Sinne der Vereinigten Staaten von Europa unternommen.
Nie zuvor gekannter wirtschaftlicher Wohlstand, die Bewahrung der politischen Freiheit in Westeuropa nach 1945 und schließlich die Befreiung der Völker Mittel- und Osteuropas aus dem Würgegriff Rußlands nach 1989 waren die Früchte dieser Politik.
Die Europäische Union ist auf diesem Weg zu einem großen und wirksamen Raum der Freiheit und des Rechts geworden, mit einer in allen 27 Mitgliedstaaten geltenden supranationalen Rechtsordnung für viele wichtige Rechtsgebiete, einer durchsetzbaren Europäischen Grundrechte-Charta für seine Bürger, mit einem von allen Europäern gewählten Europäischen Parlament, der Kommission als einer Europäischen Exekutive, dem Europäischen Rat als einer Staatenkammer, die in zahlreichen Politikfeldern inzwischen  Mehrheitsentscheidungen faßt, einem Gerichtshof, dessen Urteile – entsprechend einem Verfassungsgerichtshof – allgemein und unmittelbar geltendes Recht sind, einer Gemeinschaftswährung, offenen Binnengrenzen, dem Europa-Paß für EU-Bürger, einem gemeinschaftlichen diplomatischen Dienst, einer unionsweit agierenden Polizeibehörde Europol. Durch den gemeinsamen Markt ohne Zölle und Binnengrenzkontrollen und mit gemeinschaftlicher Außenhandelspolitik und der Gemeinschaftswährung Euro ist die Europäische Union zu einer der größten und erfolgreichsten Wirtschaftsmächte der Erde aufgestiegen und hat auch als politischer Akteur auf der Bühne der Weltpolitik an Gewicht gewonnen.
Die EU war und ist die Antwort der Europäer auf eine zunehmend globalisierte Welt. Die Mitgliedstaaten der EU, ihre verantwortlichen Staatslenker und ihre Völker sind mit der Schaffung der Europäischen Union buchstäblich über sich selbst hinausgewachsen. Das erfordert eine machtpolitisch sich verändernde Welt, in der die Entfernungen unendlich kleiner geworden sind. Deren Bedrohungen sind zugleich nicht geringer geworden, sondern nur näher gerückt und bedrohlicher denn je. Die EU ist die angemessene und erforderliche Betriebsgröße des Staates im 21. Jahrhundert, die ihre Bürger vor den Schattenseiten einer globalisierten Welt schützt.
Trotz der offenkundigen Erfolgsgeschichte der EU einerseits und den unverändert fortbestehenden Gefahren für Europa andererseits scheint 100 Jahre nach Coudenhoves Weckruf viele Europäer der Mut verlassen zu haben, den eingeschlagenen Weg entschlossen weiter zu gehen. Die europäische Politik tritt aktuell auf der Stelle, und viele scheinen sich mit dem Erreichten begnügen zu wollen, obwohl die Verwirklichung der Vereinigten Staaten von Europa sich erst auf halbem Weg befindet.
Noch immer wird die Kommission als europäische Regierung nicht frei vom demokratisch gewählten Europäischen Parlament gewählt, sondern in zwischenstaatlicher Hinterzimmerpolitik im Stil des 18. Jahrhunderts ausgemauschelt und erst dann zur Prüfung und Abstimmung durch die Volksvertretung gestellt. Noch immer werden Entscheidungen des Europäischen Rates in der Außen- und Sicherheitspolitik vom fortgeltenden Einstimmigkeitsprinzip gelähmt. Noch immer hat die Europäische Union keine gemeinschaftliche Außen- und Sicherheitspolitik, keinen Verteidigungskommissar und keine Europäische Armee, die als vollwertige zweite Säule der NATO Europas Sicherheit in europäischer Souveränität ge-währleistet. Trotz zaghafter und ungenügender Fortschritte existiert noch kein gemeinschaftlicher Europäischer Grenzschutz, der die Außengrenzen der EU gegen illegale Grenzübertritte und unregulierte Massenmigration sichern kann.
Trotz offenkundig immer größeren Herausforderungen scheinen manche Politiker und ihre Wähler wieder zunehmend in „kleinen Lösungen“ Zuflucht nehmen zu wollen und träumen wie Schlafwandler von „starken Nationalstaaten“ und einer vermeintlichen politischen Idylle von Krähwinkelhausen.
Dieser „Neue Nationalismus“ äußert sich einerseits in einem naiven nostalgischen Irrglauben und andererseits in gefährlichen demagogischen Irrlehren.
Der Nationalismus als naiver Irrglaube, der sich zum Teil immer noch aus der sträflichen Rekonstruktion des überholten Systems der europäischen Nationalstaaten nach dessen Zusammenbruch im Zeiten Weltkrieg und aus dem primitiven Festhalten an überkommenen Machtstrukturen nährt, gibt sich der gefährlichen Illusion hin, daß „starke Nationalstaaten“ die Probleme und Herausforderungen der modernen Zeit angemessen lösen könnten. Seine Befürworter scheuen im besten Fall aus Bequemlichkeit und geistiger Unbeweglichkeit den – manchmal mühsamen – gemeinschaftlichen europäischen Diskurs über die beste Lösung und vertrauen auf die scheinbar bequemere alleinige Weisheit ihrer kleinstaatlichen Regierung; im schlechtesten Fall aus ebenso trügerischer wie durchschaubarer persönlicher Machtbesessenheit und Selbstüberschätzung. Ihr Wappentier ist der Zwergdackel, der sich als Wolf fühlt.
In Wahrheit ist jeder einzelne Nationalstaat in Europa – mag er sich noch so stark fühlen – selbst längst nicht mehr annähernd in der Lage, die ungeregelte illegale Migration nach Europa aufzuhalten, militärische Übergriffe oder Cyber-Angriffe außereuropäischer Mächte abzuwehren, in-
ternationale Wirtschafts- und Finanzkrisen und ihre Auswirkungen auf das eigene Land zu bewältigen, die Versorgung mit Energie, Lebensmitteln und Medikamenten für seine Bevölkerung dauerhaft sicherzustellen, internationale Kriminalität, Drogenschmuggel und Geldwäsche zu bekämpfen, soziale Gerechtigkeit herzustellen, die mittelständische Wirtschaft vor internationalen Trusts zu schützen, erforderliche Zukunftsforschung auf dem Gebiet neuer Technologien zu organisieren und zu finanzieren oder der politischen und wirtschaftlichen Systemkonkurrenz aus China und Indien wirksam zu begegnen.
Immer noch betreiben die Mitgliedstaaten der EU durch ihr eigenbrötlerisches Verhalten auf lebenswichtigen Gebieten der inneren und äußeren Sicherheit, der Versorgung und der Zukunftsvorsorge eine gigantische Verschwendung von Ressourcen, die den europäischen Bürger in allen Mitglieds-ländern auch finanziell teuer zu stehen kommt.
Gleiches gilt für den eitlen Wunsch einer mancherorts regelmäßig propagierten Wiederbelebung der Personengrenzkontrollen an den europäischen Binnengrenzen, eine Re-Nationalisierung der Handelspolitik oder gar die Abschaffung des Euro. Diese gefährlichen Tagträume würden die Menschen in allen europäischen Ländern Milliarden kosten, die unproduktiv in künstlich wieder ausgehobenen Gräben versickern, und am Ende in den totalen wirtschaftlichen Ruin führen. Die forcierte Integration der Europäischen Union über den status quo hinaus erfordert politische Anstrengungen und beherztes Handeln, ihre allmähliche Desintegration durch Bequemlichkeit und mangelndes Vorstellungsvermögen von der Zukunft ist dagegen nur scheinbar einfacher und führt die Völker Europas – nicht sofort, aber auf mittlere Sicht zwangsläufig – in kollektive Armut und Unfreiheit.  

Demagogische Ideologie

Neben lähmender Gewohnheit und der Angst vor dem Verlust der „kleinen Macht“ ist eine andere Quelle des „Neuen Nationalismus“ noch schauriger als Phantasielosigkeit und Faulheit: eine demagogische Ideologie, die sich eine verbreitete Angst vor dem Fremden in allen Gesellschaftsschichten und diffuse materielle Verlustängste in sozial besonders schwachen Gesellschaftsschichten zunutze macht, um verstaubte Nazi-Mythen von einer angeblich „biologisch begründeten Einheitlichkeit der jeweiligen Volksgemeinschaft“ wiederzubeleben, die als sogenannter „Ethnopluralismus“ zu einem „unvermischten“ Nebeneinander der Völker führen sollen (siehe auch das Editorial), und außer einem besoffenen Ressentiment gegen die jeweils „anderen“ keinerlei Mehrwert für irgendwen bieten.
Jedem, der einigermaßen bei klarem Verstand ist, ist unmittelbar einsichtig, daß eine solche „Reinheit der Volksgemeinschaft“ an keinem Ort der Welt real existiert und als Utopie in der Geschichte direkt zu den monströsen Vertreibungen, Völkermorden und blutigen Kriegen der Jünger Adolf Hitlers und Josef Stalins geführt hat. Wer im 21. Jahrhundert von Re-Migration schwafelt, steht in der geistigen Tradition der totalitären Menschenschlächter des 20. Jahrhunderts. Die Nationale Sozialistin Sarah Wagenknecht oder der völkisch-nationale AfD-Führer Björn Höcke und deren nationalistische Komplizen in anderen europäischen Ländern bewegen sich in gefährlicher Nähe zu diesem durch und durch kranken Denken. Aufgabe der demokratischen Parteien ist es, über Parteigrenzen hinweg diesen gefährlichen Irrlehren durch eine Politik nahe an den Menschen und ihren echten Problemen den Nährboden zu entziehen. Gleichzeitig gilt es klar zu machen, daß keine noch so große Frustration über die großen und kleinen Unfähigkeiten der demokratischen Parteien es rechtfertigt, die roten und braunen Untoten des 20. Jahrhunderts wiederzubeleben.
Die linksextremistischen und rechtsextremistischen National-Sozialisten der Gegenwart weisen auch eine aus der Geschichte schmerzvoll erfahrene Nähe zum unverändert imperialen und kolonialen Machtanspruch Rußlands und seiner durch und durch stalinistischen Führungsclique um Wladimir Putin auf.
Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Rußlands auf die europäische Ukraine zeigt, daß die von Coudenhove-Kalergi prophezeite Gefahr einer Eroberung Europas durch Rußland sich durch die jahrzehntelangen Friedensillusionen mancher Europäer nicht vermindert hat, sondern konkreter denn je ist.
Auch bei der Verteidigung Europas gegen die Tyrannis einer nationalistisch-kommunistischen Diktatur, unter deren Leichentuch die Völker Mittel- und Osteuropas von 1945 bis 1989 bitter zu leiden hatten, gilt es die nationalstaatlichen Denkmuster über Bord zu werfen und eine gemeinschaftliche europäische Verteidigungspolitik aufzusetzen. Die – auch in militärischer Hinsicht – Vereinigten Staaten von Europa müssen endlich in der Lage sein, mit einer eigenen nuklearen Abschreckung sich selbst zu schützen, um eine gleichberechtigte Partnerschaft zu den Vereinigten Staaten von Amerika verwirklichen zu können und Rußland zu einer dauerhaften friedlichen Nachbarschaft mit der Europäischen Union zu bewegen.
Dafür darf europäische Politik keinen Tag länger eine bloße Funktion der amerikanischen Sicherheitspolitik bleiben, die in Zukunft noch stärker als schon bisher von anderen Interessenlagen bestimmt sein wird. Kein einziges Mitgliedsland der Europäischen Union kann dies allein oder durch Zusammenarbeit alten Stils leisten. Nicht die „Zusammenarbeit“ europäischer nationaler Streitkräfte, die es im Rahmen der NATO und der EU längst gibt, sondern eine echte Europäische Armee, einschließlich der Luft- und Seeverteidigung und des Küstenschutzes, sowie eine voll integrierte europäische Rüstungsindustrie sind das Gebot der Stunde.
In diesem Sinne hat der große Paneuropäer und europäische Visionär Franz Josef Strauß bereits 1966 für die Sicherheit Europas unmißverständlich gefordert: „Das Vereinigte Europa sollte die Position einer eigenständigen Macht zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion einnehmen und somit im weltpolitischen Kräftespiel das Übergewicht der freien Gesellschaft sichern.“
Vor über 60 Jahren analysierte Franz Josef Strauß: „Die Idee einer atlantischen multilateralen Atomstreitmacht war in erster Linie ein Kind der Gewohnheit, in Begriffen des status quo zu denken. Durch sie sollte die NATO in einer Form erhalten werden, die von der weltpolitischen Entwicklung schon längst überholt ist. Wie soll man sich auch eine politische Union Europas vorstellen, welche nicht die Freiheit besitzt in Fragen der Verteidigung selbst zu entscheiden?“
Dies ist keineswegs ein Widerspruch zu einer echten und wirksamen weltweiten Friedenspolitik der Europäischen Union. Richard Coudenhove-Kalergi, der sich zeitlebens zum Pazifismus bekannte, hat wahrhaft pazifistische Politik bereits 1924 präzise beschrieben: „Wenn ein Nachbar kriegerisch und der andere Nachbar friedlich gesonnen ist, fordert es der Pazifismus, daß die militärische Überlegenheit auf Seiten des Friedens ist. Die Umkehrung dieses Verhältnisses bedeutet Krieg“.   
Bis zu einem anzustrebenden Systemwechsel in Rußland und dessen Dekolonisierung und Demokratisierung braucht ein freiheitsliebendes und militärisch voll integriertes Europa mit gemeinschaftlicher Europäischer Armee und einer modernen Rüstungsindustrie eine Bedrohung durch Rußland nicht zu fürchten. Ein schlafendes und nicht wehrhaftes Europa ist dagegen dem Untergang geweiht.
Für die Gegner und Bremser der europäischen Integration findet Coudenhove-Kalergi schon 1924 klare Worte: „Wer die Gefahren, denen das zersplitterte Europa entgegengeht, nicht sieht, ist politisch blind; wer aber diese Gefahren sieht und dennoch nichts tut, um sie abzuwenden – ist ein Verräter und Verbrecher an Europa; er opfert seiner Bequemlichkeit oder seinem Profit die Zukunft seiner Kinder, seiner Nation, seiner Kultur. ..“
Und der Paneuropa-Gründer hält einen Rat bereit, der für uns Europäer im Jahr 2024 nicht aktueller sein könnte: „Wenn die Völker Europas es wollen – wird Paneuropa entstehen. ... Wir leben in demokratischen Staaten und sind mitverantwortlich für die Politik unserer Regierungen. Wir haben kein Recht, uns auf Kritik zu beschränken sondern die Pflicht, mitzuwirken an der Gestaltung unseres politischen Schicksals. Die Völker Europas  brauchen nur ihre Stimme allen Kandidaten und Parteien versagen, deren Außenprogramm antieuropäisch ist. So kann jeder Europäer mitwirken am Untergang – oder an der Auferstehung Europas!“                   
Europäische Vorwärtspolitik heißt, den Wettlauf gegen die Zeit aufzunehmen, indem Europa seine Lebensbedingungen den Gesetzen und Maßstäben der modernen Technik anpaßt und auf dieser Grundlage auch die Wiederherstellung der historischen Einheit Europas vollendet.
Die Vereinigten Staaten von Europa mit einer inneren Vielfalt seiner Regionen, Völker und Volksgruppen ohne trennende Binnengrenzen erforderen vor allem den konsequenten Abschied vom Nationalstaat, der längst zu klein und zu irrelevant geworden ist, um die Probleme der Zeit wirksam lösen zu können, und zugleich zu groß und zu unhistorisch ist, um Heimat und Identifikation seiner Bürger herzustellen.